Artikel vom 25.06.2009




Die Grenze der Verpflichtung zur Beitragserhebung bildet nach der Rechtsprechung des OVG Sachsen-Anhalt die Verjährung der Beitragsforderung. Ist eine Forderung verjährt, dann endet auch nach der Auffassung des OVG Sachsen-Anhalt für die Gemeinde auch die Verpflichtung , diese nachzuerheben. So weit, so selbstverständlich und gut.

Nun hat das Verwaltungsgericht Magdeburg aber in einer Entscheidung vom 18.05.2009 diesen Grundsatz umgedreht: Verjährung darf dann nicht eintreten, wenn hierdurch die Beitragserhebungspflicht der Gemeinden vereitelt wird.

Im konkreten Fall hatte eine Gemeinde seit 1997 zahlreiche Satzungen zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen erlassen, die – soweit es sich um Satzungen über wiederkehrende Beiträge handelte - allesamt von den Gerichten regelmäßig für nichtig erklärt worden waren. Ab dem Jahre 2004 resignierte der Ortsgesetzgeber und entschloss sich, anstelle wiederkehrender Beiträge rückwirkend nur noch einmalige Beiträge zu erheben.
Nachdem die Gemeinde Ausbaumaßnahmen aus dem Jahre 1999 aufgrund der neuen Satzungen 2004 und 2006 abgerechnet und Beitragsbescheide erlassen hatte, beriefen sich die Kläger auf die Verjährung der Beitragsforderung. Denn durch den ausdrücklich angeordneten Rückbezug der neuen Satzung 2004 auf den 17.03.1997 seien die sachlichen Beitragspflichten mit dem Ende des Jahres 1999 wirksam entstanden, so dass die Beitragsforderungen am Ende des Jahres 2003 verjährt gewesen seien. Diese zwingende Schlussfolgerung akzeptierte das Verwaltungsgericht Magdeburg nicht. Der Rückbezug erweise sich als unwirksam, weil die Gemeinde dadurch ihrer Beitragserhebungspflicht nicht mehr nachkommen könne, wenn infolge der Rückwirkung Beitragsforderugnen verjähren. Die ausdrückliche Anordnung der Rückwirkung sei überflüssig, weil nach der Rechtsprechung des OVG Sachsen-Anhalt die Beitragspflicht erst entstehe, wenn erstmals eine wirksame Satzung verabschiedet worden sei. Dann enstehe auch erst die Beitragspflicht und es beginne erst dann der Lauf die Festsetzungsverjährung.

Erstmals postuliert also das Verwaltungsgericht damit den erstaunlichen Grundsatz, dass ein Rückwirkungsverbot nicht etwa nur zum Schutze der auf Rechtssicherheit, Kontinuität und Vertrauen pochenden Bürger zu diskutieren ist, sondern womöglich außerdem dem Schutz der fiskalischen Interessen des Normsetzenden selbst dienen kann. Nirgendwo findet sich bisher in der Rechtsprechung der Verfassungsgerichte ein entsprechender Anhaltspunkt dafür.

Es ist nicht ersichtlich, dass dies in dieser Form je so explizit von einem deutschen Verwaltungsgericht gefordert worden wäre. Wir haben es insoweit mit einem alarmierenden Vorgang zu tun, der Rechtsgeschichte schreiben könnte, jedenfalls, wenn dieses Postulat obergerichtliche Bestätigung fände.


Link: