Artikel vom 09.11.2009




Für die Betreiber dezentraler Kleinkläranlagen wird es eng: Denn wenn ihre Grundstücke nach den Abwasserbeseitigungakonzepten ihrer Abwasserzweckverbände langfristig nicht an die öffentliche Abwasserentsorgung angeschlossen werden, müssen sie ihr Schmutzwasser bis spätestens Jahresende 2009 so klären, dass es "den Anforderungen an den Stand der Technik" entspricht. Das bedeutet, Anlagen, die über keine biologische Reinigungsstufe verfügen, müssen diese nachrüsten.

Während Thüringen zunächst nicht beabsichtigt, die Anpassungspflicht an die gesetzlichen Vorgaben mit einer landeseinheitlichen Frist zu versehen sondern - unterstützt durch Förderprogramme - auf die Eigenverantwortung und -initiative der Bürger setzt, und während in Sachsen den Betroffenen sehr viel längere Fristen bis Ende 2016 bei großzügigster Förderung eingeräumt werden, drückt Sachsen-Anhalt ohne jede Not aufs Tempo und erklärt achselzuckend, Geld für ein Förderprogramm sei nicht vorhanden. Man lässt die Bürger alleine und bietet lediglich zinsbegünstigte Kredite an. Das hilft den Betroffenen nicht wirklich! Sieht so soziale, bürgernahe Politik aus?

Leid tragende sind die Betroffenen. 70 000 Grundstücksbesitzer müssen seit 2008 bis Ende 2009 ihre alte Klärgrube mit einer biologischen Reinigungsstufe unter hohem finanziellen Aufwand ohne Landeshilfen und unter vollkommen unnötigem Zeitdruck nachrüsten.

Das Landwirtschaftsministerium begründet die Eile so: Ende 2009 seien selbst die Anlagen, die noch kurz vor der Wende gebaut worden sind, mehr als 20 Jahre in Betrieb. Die Nutzungsdauer sei damit normalerweise bereits überschritten. Eine ”angemessene Frist ” für die Anpassung, wie sie das Gesetz verlange, sei dann jedenfalls abgelaufen. Die Anpassungspflicht ergebe sich aus § 7 a des in Deutschland einheitlich geltenden Wasserhaushaltsgesetzes. Dort sei vorgeschrieben, dass Abwassereinleitungen, die nicht dem heutigen Stand der Technik entsprechen, innerhalb "angemessener Fristen" angepasst werden müssen.

Weshalb alle anderen Bundesländer längere Fristen einräumen, wird nicht erklärt. Man hält es nicht für erforderlich, diesen Gesichtspunkt überhaupt nur zu diskutieren.

Finanziell erfahren die betroffenen Bürger keinerlei Unterstützung vom Land. Fördermittel werden in Sachsen-Anhalt - anders als in anderen Bundesländern - nicht ausgereicht. Das Land und die Investitionsbank Sachsen-Anhalt helfen Grundstückseigentümern bei der Finanzierung des Neubaus oder der Umrüstung von Kleinkläranlagen lediglich mit dem zinsgünstigen Darlehen "Sachsen-Anhalt KLAR". Man hätte doch erwarten dürfen, dass das Land - wenn schon keine wirksamen Hilfen zur Verfügung gestellt werden, dann den Bürgern wenigstens im Einklang mit anderen Bundesländern längere Anpassungsfristen einräumt. Wir leben in einer der ärmsten Regionen Deutschlands, wie es verschiedene Erhebungen der letzten Jahre sehr deutlich veranschaulichen. Beispielhaft sei auf den Landkreis Mansfeld-Südharz hingewiesen. Dieser belegt im Bundesmaßstab Platz 406 von 409 Landkreisen (www.insm-regionalranking.de). Die Studie berücksichtigt u. a. Kaufkraft, Arbeitslosigkeit usw.

Man hätte vom Land eine Politik des sozialen Augenmaßes auch in diesem Bereich erwarten dürfen. Der Eindruck verdichtet sich, dass man in Magdeburg offenbar den Blick für die Sorgen und Nöte und die tatsächlichen Umstände vor Ort verloren hat.


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