Artikel vom 02.09.2010




Minister Aikens verblüfft die Öffentlichkeit: Noch größere Verbände könnten durch Verwaltungskostenersparnis pro Verbraucher etwa 10.-€ Jahreskosten an Einsparungen erbringen, lässt er verbreiten. Die Landesregierung werde das notfalls mit Zwangsmitteln durchsetzen. Die Rechnung ist unseriös – und die Absichten der Landesregierung gehen eigentlich in eine ganz andere Richtung.

Erstens gibt es diesen suggerierten Zusammenhang zwischen großen Verbandsstrukturen und kleinen Preisen im Lande nicht. Zweitens stimmt die ganze Rechnung nicht. Kleine 5000-Seelen-AZV beschäftigen schon mal keine GF mit einem Jahresgehalt von 50.000.- €. Das weiß auch Herr Aikens.

Keine einzige Fusion hat bisher zu einer Kostenersparnis von 10.- € pro Kopf geführt. Das wären ja etwa 7 - 8 % der Durchschnittskosten! Bisher hatte die Landesregierung das Einsparpotential bei den Verwaltungsstrukturen aber selbst stets auf nur 1-2 % beziffert (z.B. bei der Fusion des AZV Nebra mit dem AZV Bad Bibra). Abwasserexperte Uwe Köck weist zudem darauf hin, dass die ehemalige Ministerin Häußler noch von fusionsbedingten Einsparungen in einer Größenordnung von 1.- DM (!) je Person ausgegangen ist. Etwa 0,50 Euro also. Jetzt sollen es also 10. – Euro sein?

Wäre es nicht an der Zeit, einmal die alten Zwangszusammenschlüsse öffentlich zu evaluieren? Warum geschieht das nicht? Meist wurde doch das volle Personal übernommen. Kostenersparnis gleich Null.
In der Vergangenheit gab es zudem viel böses Blut bei den von der LR verordneten Zusammenschlüssen. Die Schulden des einen wurden den Bürgern des unverschuldeten Verbandes auferlegt (AZV Mansfeld und AZV Schlenze). Jetzt soll offenbar weiter am Symptom kuriert werden. So wird es noch einfacher, über – zig Kilometer unwirtschaftliche Abwasserleitungen übers Land zu legen, um entgegen der Wasserrahmenrichtlinie der EU auch die dünn besiedelten Landstriche mit Abwasserkanälen zu überziehen.

Völlig zu Recht fragt die Fraktion DIE LINKE:

„Wo sind die Einsparungen aus den bisherigen Fusionen geblieben? Sie wurden aufgefressen von konstant bleibenden Zinszahlungen sowie laufenden Betriebskosten, die nicht im gleichen Maße sinken wie der Rückgang der Abwassermenge in Folge des Bevölkerungsrückganges. Wenn man einen Personalkostenanteil von 7,5 bis maximal 10 % am Jahresaufwand eines AZV unterstellt, muss die Frage erlaubt sein, wann der Minister mit der gleichen Energie seinen Finger auf den Kapitaldienst (bis zu 25 % Kostenanteil) oder die Betriebskosten (ca. 45 – 50 %) legt.“

Ziel der Landesregierung ist offenbar schon lange, mit wenigen, einfach zu kontrollierenden Riesenverbänden zu arbeiten. Am allerliebsten mit einem einzigen „Abwasserzweckverband Sachsen-Anhalt“. Damit ließe sich das politische Versagen der Vergangenheit kaschieren. Wirtschaftlich arbeitende Verbände werden wieder einmal bestraft, selbst wenn man auch eingestehen muss, dass die Bürger nichts dafür können, wenn ihr Verband nicht wirtschaftlich gearbeitet hat. Und die Landesregierung baut wieder einmal ihre Einflussmöglichkeiten aus. Und darum geht es dem Minister. Und um nichts anderes.

Die Bürger haben in Anbetracht der heranrückenden Wahlen die Gelegenheit, diese Absichten mit ihrem Wahlzettel buchstäblich zu durchkreuzen.

Wolf-R. Beck

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