Artikel vom 27.05.2016




In der Sondersitzung am 31.05.2016 wird voraussichtlich kein verbindliches Moratorium beschlossen werden.
Der Gesetzentwurf der Kenia-Koalition, dem die Mehrheit sicher sein dürfte, sieht vor, dass die VOLLZIEHUNG von Verwaltungsakten, die nach Maßgabe der Überleitungsregelung des § 18 Abs. 2 KAG LSA ergangen sind, von der Unanfechtbarkeit des Bescheides abhängig gemacht werden kann.

Das schließt aber nicht aus, dass die Verbände nun weiterhin Widerspruchsbescheide versenden und auf die Weise die Bürger dazu zwingen, zur Vermeidung der Rechtskraft Klage zu erheben.

Ein verbindliches Aussetzen von betroffenen Verfahren bis zur Entscheidung des Landesverfassungsgerichts ist nicht vorgesehen. Die Koalition sieht die Verbände in der Pflicht, eigenverantwortlich im Rahmen des Selbstverwaltungsrechts zu handeln. Das mag eine ehrenwerte Intention sein, jedoch ist die Verunsicherung der Verbände durch die vielen unterschiedlichen Signale der Politik der letzten Monate und Jahre so groß, dass ein starkes und sehr eindeutiges Signal erforderlich gewesen wäre.
Bisher hatte die Politik wenig Skrupel, die Verbände mit sanfter Gewalt zu politisch erwünschtem Verhalten zu zwingen. Viele Verbände haben im vergangenen Jahr nur zögernd und widerwillig die Anweisung aus Magdeburg befolgt, jahrzehnte alte Beitragsforderungen geltend zu machen.
Sie vermissen die Kontinuität im politischen Handeln.

Zu begrüßen ist lediglich, dass die Stundungs- und Verzugszinsen endlich der Marktlage angepasst werden sollen. Damit wird eine langjährige Forderung des Netzwerkes INKA endlich umgesetzt.

Darüber hinaus sieht der Entwurf vor, dass Verbände berechtigt sind, Vergleichsverträge zu schliessen. Voraussetzung soll allerdings sein, dass damit bestehende Ungewissheiten durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt werden.

Diese Möglichkeit besteht allerdings auch nach bisheriger Rechtslage. Für die aktuelle Problematik bietet sie keine Lösung, weil die Kommunalaufsicht und die Regierung die Auffassung vertritt, dass keine hinreichenden verfassungsrechtliche Ungewissheiten bestehen und dass die Rechtslage nach dem jüngsten Urteil des OVG LSA vom 17.02.2016 als geklärt gilt. Vor diesem Hintergrund wäre ein Vergleich, wie er z.Zt vom WWAZ Wolmistädt diskutiert wird, rechtlich nicht verstärkt abgesichert.

Vielmehr hätte die Möglichkeit in Betracht gezogen werden müssen, dass Vergleichsverträge jedenfalls immer dann ohne Zweifel ermöglicht werden sollen, wenn eine für die Entscheidung maßgebliche Bestimmung des Gesetzes oder der Satzung des Verbandes in einem Normenkontrollverfahren - entweder vor dem BVerfG oder LVerfG - oder vor dem OVG (bei Normenkontrollklagen gegen Satzungen) angegriffen sind und die Entscheidung darüber noch aussteht.

Nach dem Gesetzentwurf der Linken muss zwar die Vollziehung zwingend bis zur Entscheidung des LVerfG ausgesetzt werden, allerdings hindert diese Formulierung die Verbände auch nicht daran, das eigentliche Verwaltungsverfahren weiterzutreiben und Widerspruchsbescheide zu versenden. Ein verbindliches Aussetzen des Verfahrens ist auch hier bisher nicht vorgesehen.


Wolf-R. Beck