Artikel vom 14.07.2016




In seinem Aussetzungsbeschluß vom 13.04.2016 (9 A 105/14 MD) fand das Verwaltungsgericht Magdeburg klare Worte zur verfassungsrechtlichen Problematik des § 18 Abs. 2 KAG LSA. Bekanntlich ermöglichte diese Überleitungsbestimmung den Kommunen und Verbänden, alle noch offenen Beitragsforderungen bis zum 31.12.2015 geltend zu machen, selbst wenn die Vorteilslagen in sehr lange zurückliegenden Zeiträumen entstanden waren. Durch diese Übergangsfrist wurde die Regelung des § 13 b KAG LSA aufgeweicht, wonach eine Höchstfrist zur Geltendmachung von Beitragsforderungen von 10 Jahren ab Entstehen der Vorteilslage eingeführt werden sollte.

Das Gericht erklärte dazu:
"Das Gericht vermag es insoweit nicht gänzlich auszuschließen, dass durch das Inkrafttreten des § 18 Abs. 2 KAG LSA sowohl der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes als auch der Grundsatz der Rechtssicherheit aus Art. 2 Abs. 1 Verf LSA verletzt ist."

Es bestünde ein Wertungswiderspruch zwischen der in § 13 b Satz 1 KAG LSA geregelten "Regel"Höchstfrist von 10 Jahren und der sich im Einzelfall aus § 18 Abs. 2 KAG LSA ergebenden Höchstfrist.
Die Entscheidung des Gesetzgebers dürfte ungeachtet der dafür angeführten Gründe (LT-Drs. 6/3419, S. 23) im Ergebnis der von Verfassungs wegen erforderlichen nachvollziehbaren Abwägung zwischen den Interessen der Beteiligten nicht Stand halten.
Weiche der Gesetzgeber - wie hier - ohne nachvollziehbaren Grund von einer einmal getroffenen Wertungsentscheidung ab, halte er sich nicht mehr innerhalb des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums.

Das immer wieder vorgebrachte Argument der Schwierigkeit beim Aufbau der Kommunalverwaltungen nach der Wiedervereinigung rechtfertige nicht in belastbarer Weise die Regelung. Denn dies lasse unberücksichtigt, dass diese Phase spätestens mit Beginn der 2000-er Jahre abgeschlossen war, so dass ca. 15 Jahre Zeit blieben, die zuvor bereits bewirkten Vorteilslagen beitragsgerecht zu erfassen.

Der Gesichtspunkt des "Dauervorteils" und der "Wertsteigerung" der betroffenen Grundstücke greife nicht, denn die Kommunen hätten zum Einen einen beachtlichen Zeitraum zur Verfügung gehabt, um diesen Vorteil geltend zu machen - außerdem betreffe der Gesichtspunkt des Dauervorteils auch jene Grundstücke, die zukünftig unter die Regelhöchstfrist § 13 b Satz 1 KAG fallen. Es könne nicht sein, dass für die älteren Vorteilsfälle durch die Anwendung des § 18 Abs. 2 KAG LSA eine "vollständige Nivellierung der zeitlichen Komponente" erfolge.

Die Bestimmung messe den Interessen der Kommunen und Verbänden allzu einseitig Gewicht bei, ohne dass erkennbar wäre, dass die Interessen der Grundstückseigentümer (auch nur ansatzweise) Berücksichtigung gefunden hätten.

Das Gericht hat -mit Blick auf die anhängige Normenkontrollklage beim LVerfG - das dortige Verfahren ausgesetzt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wurde vom OVG LSA verworfen (B. v. 13.06.2016, - 4 O 72/16).

Der Beschluß ist außerordentlich umfangreich und sorgfältig begründet und läßt vermuten, dass das Gericht einen Erfolg der Verfassungsbeschwerde für hinreichend wahrscheinlich hält.

Wolf-R. Beck

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